Versicherungstechnische Anforderungen an eine Zyto-Apotheke

Was Inhabende und Beratende bei einer Zytostatika-Apotheke beachten müssen

Um die Versorgung von Krebspatienten zu sichern, gibt es speziell zertifizierte Apotheken, die so genannte Zytostatika (Krebsmedikamente) anfertigen dürfen. Die Vergabe solcher Lizenzen erfolgt in Ausschreibungsverfahren der Krankenkassen, deren Ergebnis zu Zuteilung einzelner Lose für die Zytostatika-Versorgung münden.

Das Herstellungsverfahren geht jedoch nicht so einfach wie beispielsweise bei Drogenmischungen gegen Husten, Magen- oder Blasenprobleme. Denn die Fertigung erfordert heute eine fest verbaute sterile Reinraum-Rezeptur, in der die Herstellung unter strengsten Hygienevorgaben zu erfolgen hat. Dazu gehört, dass die Mitarbeiter Ganzkörperanzüge, Schuhüberzieher, zwei paar Latexhandschuhe und Mundschutz tragen müssen. Der Reinraum muss konstant mindestens 21 Grad Celsius warm sein und unter permanenten Überdruck stehen. Materialien dürfen nur durch eine Schleuse auf die Sicherheitswerkbank gelangen. Eine Absaugvorrichtung muss den Reinraum von Fremdstoffen freihalten. Und es gilt noch mehr zu beachten, was versicherungstechnisch relevant ist.

Was macht eine Zyto-Apotheke versicherungstechnisch so spannend?

Wer seine Apotheke mit Reinraum ohne Haftungsrisiko versichern möchte, der sollte sich zunächst einen Versicherungspezialisten für Apotheken suchen, der in Ansätzen weiß, wie das Los-System der Krankenkassen bei der Zytostatika-Versorgung funktioniert. Denn die Risiken für die Patientenversorgung müssen im Falle des Ausfalls eines Reinraumes vorab erfasst werden, da im Schadensfall die übliche Hygienesanierung längst nicht ausreicht. Des Weiteren sollte der Berater mit den technischen und räumlichen Rahmenbedingungen der Zytostatika-Herstellung vertraut sein oder aber zumindest sicherstellen können, dass für einen solchen Schadenort immer und absolut ausnahmslos nur durch TÜV-geprüfte Hygienesanierungsfirmen gemäß DIN EN ISO 9001 beauftragt werden, wie z.B. Schadendienst24. Jeder andere Handwerksbetrieb hat schlichtweg keine Chance, einen Reinraum in angemessener Zeit wieder in einen revisionsfähigen Zustand zu bringen. Und jeder nicht fachlich versierte Versicherungsvermittler setzt die Existenz der betreffenden Apotheke leichtfertig aufs Spiel und begibt sich in Haftung. Es handelt sich beim Reinraum schließlich nicht mehr um ein mobiles Labor, das im Schadenfall andernorts weiterbetrieben und schnell ersetzt werden kann. Denn diese konnten noch, wie jede andere Apotheke auch, über normale Bedingungswerke versichert werden.

Zeiten ändern sich – Versicherungsbedingungen auch

Mit Blick auf die Meldepflichten unter „Obliegenheiten“ der Versicherungsbedingungen ist in jeder Apotheke mit Reinraum die Frage zu stellen, wie es sich konkret mit dem Versicherungsschutz bei Betriebsunterbrechung (BU) verhält. Denn es kann erfahrungsgemäß sein, dass die hinterlegten Versicherungswerte der BU längst viel zu niedrig sind. Es kann sein, dass diese nicht mehr vorhanden sind, weil der Reinraum nie gemeldet wurde. Es kann auch sein, dass die jeweils neuesten Bedingungen gelten – und zwar die ohne Reinraum. Wissen Sie das nicht oder ändern Sie das nicht, sind Schwierigkeiten im Schadenfall vorprogrammiert.

Nur ganz wenige Gesellschaften versichern seit 2014 Reinräume gegen Betriebsausfall

Und schon haben Sie weiteres Problem: Denn seit 2014 dürfen Zytostatika und andere hochreine Rezepturen nur noch in stationär verbauten Reinräumen hergestellt werden. Das ist naturgemäß ein deutlich höherer Aufwand als ihn Apotheken üblich betreiben. Und das hat selbstverständlich Auswirkungen auf die Anforderungen des Versicherungsschutzes. Denn schon die kleinste Verunreinigung des Reinraums sorgt für einen Unterbrechungsschaden. Dieser hält womöglich sehr lange an, weil sich beispielsweise irgendein Hygienewert nicht mehr so einfach in das Toleranzkorsett von Null zurückdrängen lassen möchte. Und das hat zur Folge, dass Apotheker, deren Reinraum aufgrund der Größe des Schadens längere Zeit nicht wieder in Betrieb geht, die Sanierung nicht unverzüglich angefangen hat oder die Handwerker nicht perfekt gearbeitet haben, recht schnell vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass der Versicherungsschutz Reinraumschäden in angemessenen Umfang beinhaltet.

Seit 2014 haben sich die allermeisten Versicherer jedoch aus der Zeichnung des Betriebsunterbrechungsrisikos bei Ausfall des Reinraums zurückgezogen. Wenn daher Apotheker mit Reinräumen Versicherungsschutz suchen, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Ein Hilfskonstrukt kann dabei ein Vertrag mit einer anderen, ebenfalls zertifizierten Apotheke zur gegenseitigen Hilfeleistung sein. Sozusagen als Vorsorgedeckung für den Fall, dass ein Labor ausfällt. Das erhöht die Zeichnungswahrscheinlichkeit und senkt die Prämie signifikant.

  • Apothekeninhaber wenden sich am besten an einen zertifizierten Apothekenberater in ihrer Nähe. Dieser versorgt jede Apotheke mit dem berufs- und ständespezifischen Risikoschutz des bewährten ApothekenSchutz-Spezialkonzepts.

Bauliche Besonderheiten von Reinräumen

Ein weiterer Gefahrenherd kann sich in baulichen Besonderheiten des Reinraums verbergen. Liegt über dem sterilen Bereich beispielsweise das Badezimmer einer Wohnung oder praktiziert dort ein Zahnarzt mit seinem deutlich erhöhten Wasserschadenrisiko, besteht ein erhöhtes Risiko durch Dritte. Deshalb sollte jedem Antrag eine spezifische Dokumentationen beiliegen:

  • die bauliche Situation,

  • das Wandsystem (doppelschalig oder sogar dreischalig),

  • die Gebäudeöffnungen für Abluft und Klimatechnik,

  • die Art der Türschließer (mechanisch oder elektrisch),

  • die Luftdruckmessung und die Druckkaskaden

Das alles sollten peinlich genau aufgezeichnet werden. Angaben zu den Herstellern der Gerätschaften, das Baujahr und die erfolgten Wartungen gehören selbstverständlich ebenfalls in die Dokumentation.

Bitte beachten Sie auch, dass Kühlschranke, in denen solche Zytostatika, aber auch Impfstoffe und alle andern besonders temperatursensiblen Medikamente lagern, auf jeden Fall die DIN 58345 erfüllen müssen. Und zwar unabhängig davon, ob sich diese im Reinraum oder außerhalb desselben befinden. Denn die Versicherer werden im Schadenfall auf solche Aufzeichnungen bestehen. Zudem sollte der Reinraum und DIN-Kühlschränke bei einem Stromausfall mit einem Alarmmelder ausgestattet sein, der zumindest auf dem Smartphone des Apothekeninhabers erscheint, wenn nicht sogar über die Alarmanlage im Kontrollzentrum einer Sicherheitsfirma aufläuft. Falls Sie nicht über ein solches Alarmsystem verfügen, fragen Sie bitte Ihren Apothekenberater vor Ort. Der kennt sich da aus.

Das Apothekennetzwerk hilft

Dies alles verkompliziert die Eindeckung des Versicherungsschutzes bei Reinraumschäden erheblich. Und es sollte nicht vergessen werden, dass die Wiederherstellung eines Reinraums erfahrungsgemäß gut und gerne sechs Monate oder länger dauern kann und die Finanzen damit stark belastet.

Wenn Sie als Apothekerin oder Apotheker Fragen haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Regionalen Repräsentanten der Medical Network Stiftung. Dieser verfügt über das versicherungstechnische Fachwissen, kennt die berufs- und standesspezifischen Versicherungskonzepte und vor allem – und das ist für Apothekeninhaber sehr wichtig! – die Experten im Heilwesennetzwerk, die das hygienetechnisches Wissen, das technisches Spezialgerät und das apothekenspezifisches Risikobewusstsein besitzen.

Autoren: Christian Ring (Dresden), Michael Jeinsen (Berlin), Volkmar H. Haegele (Bremen)

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